Texte von:
Werner Hofmann

Uwe Haupenthal
Otto Jägersberg

Klaus Baum


Werner Hofmann – Zur Malerei von Roland Helmus
in Roland Helmus – Lichte Wege – Malerei, Edition GALERIE OHSE, Bremen 2017:

Er erfindet rissige doch kostbare Gewebe, die sich ent- oder verflechten. Dabei ist jedoch keine Stofflichkeit im Spiel. Wie überhaupt die Verdichtung der Farblagen als ein Prozeß anzusehen ist, der keine Materialität anstrebt: Wir sehen Membrane, die vor Durchsichtigkeit vibrieren, zugleich aber die sprühenden, porösen Strukturen an einer Rauheit und Dinglichkeit teilnehmen lassen, die das Gegenteil von Glätte ist (…)

Der Titel Baum suggeriert gewachsenes Entstehen, das von einem überschaubaren Umriß zusammengehalten wird. Diese geballten Gebilde ereignen sich zwischen dunkler Geborgenheit und einem leuchtenden Glühen, das ihre Masse zersetzt und als Emanation erscheinen läßt. Helmus spielt auf einer farbigen Skala, die sich schwer festlegen läßt, denn sie betont einmal die Geschlossenheit körperhafter Bezüge, zum andern enthebt sie diese der materiellen Konsistenz.

An diesem Punkt angelangt, widerstehe ich der Versuchung, diese expandierenden Metamorphosen mit lyrischen Metaphern zu umschreiben, und begnüge mich damit, ihre Ambivalenz vor Augen zu führen. Das ungeheuer Große tritt im Dialog mit Strukturen auf, die sich unserem Blick als greifbare Nähe anbieten. Das Kompakte erweist sich als durchlässig. Manchmal kommt in der materiellen Vielschichtigkeit ein mild glühendes Innenlicht zur Entfaltung, manchmal eine trockene Rissigkeit, wie sie sich in Fotos transirdischer Himmelskörper mitteilt. Eines steht fest: die Gebilde entziehen sich vergleichbaren sachlichen Bezugsgrößen, ihr schwebendes Für-sich-Sein ist der Ausweis ihrer Rätselhaftigkeit, weshalb ein Begriff wie Abstraktion nicht greift, da ihm das Merkmal der methodischen Verhärtung anhaftet, wo es hier doch um Verdichtung geht.

 

Uwe Haupenthal – Echolot und bildnerische Ortung
in Roland Helmus – Orte und Echos, Verlag der Kunst, 2008:

In der Atmosphäre einer kontemplativen Stille gelingt sowohl eine distanziert vorgetragene Aneignung der bildnerischen Mittel als auch eine ursächlich darin begründete Neubewertung gesehener Wirklichkeit. Strukturen und die daraus abgeleiteten Formen, aber auch die Farbwerte als gleichwertiges Pendant illustrieren nicht länger etwas Vorgegebenes, sondern begründen eine autonome und folglich nicht illusionistische Bild-Wirklichkeit (…) Es sind die bildnerischen Mittel, aus denen heraus Roland Helmus vor unseren Augen eine ebenso anziehende wie Distanz gebietende Welt erschafft.

 
 
Otto Jägersberg – Von der Weltfläche 

Rede zur Ausstellungseröffnung Roland Helmus im Kunstverein Offenburg, 2002:

„Echofigur. Wellen, deren Energien wieder über den Kopf hinaus oder aus dem Körper herausgehen, in den Körper wie in den Raum über dem Körper, früher Himmel genannt. Wir haben es bei Helmus´Bildern nicht mit Esoterik zu tun, sondern mit Physik, seine Interessen sind astronomische, seine Wellen und seine Elektrizität korrespondieren mit den Sternen und anderen Weltflächen, sind Energiestufen eines atomaren Systems und sein Gestaltungsmaterial besteht aus isotropen Substanzen, aus einfachlichtbrechenden und doppellichtbrechenden Stoffen, wie man sie z.B. findet als quergestreifte Muskelfasern. Ein ehemaliges Arbeitsgebiet des Künstlers. Er hat früher realistisch gearbeitet, mit anatomischer Genauigkeit, exakt und magisch zugleich (…)

Dann ein radikaler Schnitt zu den heutigen Arbeiten, gemalt, gekratzt, gespritzt…Überlegung malt, Aggression und Zweifel ritzen, Zufall spritzt. Immer wieder verletzt er die Oberfläche, trägt neue Schichten auf, kratzt, malt, spritzt. In der Methode liegt Befreiung von Zwängen und Zerstörungslust, auch ein Zögern vor dem Ende, ein Hinauszögern vor dem Moment des Bildfertigen. Wann ist ein Bild fertig?

Das Hinzukommende des Künstlers, sein Talent, sein Handwerk und seine Phantasie können das Bild nie endgültig vollenden. Im Prozess des Heranwachsens seines Bildes erlebt der Künstler einen Akt der Befreiung. Aber erst in den Augen des Betrachters kann das Bild seine Fertigstellung, seine Endgültigkeit rechtfertigen. Das Bild erzeugt ein Echo, aus den Aschennebeln der Köpfe steigt eine Ahnung unserer pünktchenhaften Existenz in der unversöhnlichen Einsamkeit des Sternenhimmels. In den Bildern von Roland Helmus spüre ich das Echo vom Geheimnis des Lebens, das uns erschreckt auf vielfache Weise und die Seele erzittern lässt in der schlimmsten aller Befürchtungen – vor der ungestalten Inkarnation des Nicht-Seins.”

 

Klaus Baum – Das Rasen der Moleküle im Stillstand
in Roland Helmus – In guten Händen, Katalog, Chilehaus, 1999:

Die Bilder, Zeichnungen und Plastiken von Roland Helmus bewegen sich im Spannungsfeld von Figuration und Abstraktion. In diesem Sinn ist es zu verstehen, dass sein Sujet eigentlich nicht der sichtbare Gegenstand, ein menschlicher Körper oder eine Landschaft, ist,  sondern das Licht, das im Medium der jeweiligen Gestalt sichtbar wird.

In seinen Papierarbeiten, in filigranen Zeichnungen oder in gemäldeartigen Ölkreiden, werden Bilder beschworen, gleichsam spielerisch, die das malerische und plastische Werk befruchten. Technik, Form und Ausdruck stehen jeweils im Einklang mit der Gedankenwelt des Künstlers.

Roland Helmus versucht in seinen Darstellungen eine Transparenz der Materie zu realisieren, so als wäre die sichtbare Materie keine verfestigte Barriere, keine verhärtete, opake Masse, sondern durchlässig.